
„Solange sie tanzen“ von Barbara Leciejewski

Inhalt
Ada Friedberg ist eine alte Dame, die sich von nichts und niemandem unterkriegen lässt, nicht einmal vom plötzlichen Tod ihres über alles geliebten Mannes Hans. Sie vermisst ihn schmerzlich, aber sie muss sich schließlich um ihren Boxer Hemingway kümmern. Der Hund verleiht ihrem Alltag nicht nur Freude, sondern auch Struktur und Orientierung, was dringend nötig ist, denn Ada wird allmählich vergesslich und bringt immer mehr durcheinander.
Doch dann findet sie einen neuen Zeitvertreib, für den sie lediglich ein Fernglas und ihren gemütlichen Platz am Fenster ihres Wohnzimmers benötigt. Von dort aus beobachtet sie die Leute in ihrer Nachbarschaft. Als sie eines Tages beim abendlichen »Fernsehen« in einem alten Haus ein tanzendes Paar entdeckt, erinnert sie dieser Anblick an die erste Zeit ihrer großen Liebe zu Hans. Abend für Abend kehrt sie nun zu den beiden Tänzern zurück. Während die Vergangenheit erwacht, verschwimmt die Gegenwart mehr und mehr, doch das tanzende Paar gibt Ada Halt. Solange sie tanzen …
Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: Tinte & Feder (14. Mai 2019)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 2919809067
ISBN-13: 978-2919809066
auch als ebook erhältlich
Quellenangabe
Vielen Dank an den Verlag und NetGalley für das Leseexemplar.
meine Meinung
Ich habe schon einige Bücher der Autorin gelesen und staune immer wieder über die Vielfältigkeit der Themen, die sie verwendet, denn jedes Buch ist anders – mal traurig, mal ernst, mal nachdenklich, dann wiederum fröhlich und voller Liebe. Aber alle Bücher haben eins gemeinsam: einen tollen Schreibstil, der den Leser in das Buch kippen lässt, und das man nicht zuklappt, bevor man nicht mit dem Lesen fertig ist. So auch hier.
Die Autorin hat sich hier eines Themas gewidmet, dem wir uns alle unweigerlich stellen müssen: dem Altwerden, dem Alter, und den damit verbundenen Verlusten und Erinnerungen.
Sensibel erzählt sie aus Adas Sicht davon, wie sie Hans kennenlernt, welchen Schwierigkeiten ihre Liebe ausgesetzt ist, und Stück für Stück verbindet sie die Gegenwart, in der Ada ohne Hans leben muss, der kürzlich verstorben ist, mit der Vergangenheit, und man liest über eine große Liebe – aber auch über Hürden, die zu bewältigen sind und die die Liebe manchmal zu einer Herausforderung machen. Durch das tägliche abendliche Beobachten eines tanzenden Paares im Haus gegenüber erlebt Ada ihr Leben noch einmal, erinnert sich an die schönen, aber auch schlimmen Momente ihres Lebens.
Die Geschichte geht unter die Haut und lässt einen nicht so schnell wieder los. Mit einfühlsamen Schreibstil lässt uns die Autorin die gesamte Gefühlspalette durchleben, erzählt davon, wie viele schöne Momente Ada hatte, wie sie eine Liebe erleben durfte, die nicht jeder erlebt, aber auch davon, wie schwer sie damit zu kämpfen hat, dass sie in der aktuellen Zeit immer wieder vergisst, ihre Ängste, die sie dadurch ausstehen muss. Nicht nur einmal standen mir die Tränen in den Augen und ich musste schlucken, bevor ich weiterlesen konnte.
Ada ist eine liebenswerte alte Dame, über 80, die alleine wohnt, lediglich mit ihrem alten Boxer Hemingway als Begleiter. Sie ist unheimlich lebensecht geschildert, und ich mochte sie sehr – ihren unerschütterlichen Glauben an die Liebe, ihren Mut, ihren Witz, ihre Tatkraft und ihre Warmherzigkeit. Ich konnte mich wunderbar in ihre Gedankengänge, ihre Ängste und Gefühle hineinversetzen und sie nachvollziehen.
Mein Mann und ich hatten gestern unseren 25. Hochzeitstag, und gerade deshalb hat mich die Geschichte von Ada und Hans besonders berührt – denn mein Mann und ich haben nun schon eine lange Zeitspanne mit Auf und Abs miteinander erlebt, haben uns viel zu erzählen und bereits einen großen gemeinsamen Erinnerungsschatz. Und unweigerlich denkt man darüber nach, was bisher war, was noch kommen wird, und hofft, dass man noch viele gemeinsame Jahre verleben darf.
Die Charaktere sind liebevoll und authentisch ausgearbeitet, und zwar nicht nur die der Hauptprotagonisten Ada und Hans, sondern auch die Nebencharaktere wurden einfühlsam beschrieben und fügen sich wunderbar in die Gesamthandlung ein.
Fazit: „Solange sie tanzen“ ist ein Roman, der unter die Haut geht, und der den Leser alle Emotionen durchleben lässt. Es ist ein ruhiges Buch, das fesselt und sensibel über das Älterwerden und die damit verbundenen Ängste und Schwierigkeiten erzählt, aber auch über schöne Momente, die man noch erlebt. Es ist eine Geschichte über eine große Liebe, und noch viel mehr – es ist eine Geschichte über Hoffnung und Zusammenhalt, über Freundschaft, Wagnisse und die Wunder, die die Liebe mit sich bringt. Absolute Leseempfehlung von mir!
